Kampf gegen Säurefraß und Tintenfraß
8. Juli 2018

Pähle: Wichtiger erster Schritt zur Bewahrung unseres schriftlichen kulturellen Erbes

Wie können historisch wertvolle Bücher und Aktenbestände in Sachsen-Anhalts Archiven und Bibliotheken vor dem Zerfall gerettet werden? Über dieses drängende Problem hatte der Landtag im September 2017 auf Initiative der SPD-Fraktionsvorsitzenden Katja Pähle diskutiert und einen Antrag der Koalitionsfraktionen angenommen, mit dem die Landesregierung aufgefordert wurde, ein Konzept zur Sicherung und Restaurierung des schriftlichen Kulturgutes zu erarbeiten. Dieses Konzept liegt nun vor. In der Kabinettssitzung am kommenden Dienstag soll es beschlossen werden.

Pähle: „Die Aufnahme des Naumburger Doms in die Liste des UNESCO-Welterbes hat aller Welt wieder einmal vor Augen geführt, wie prallvoll Sachsen-Anhalt mit herausragenden Kulturschätzen ist. Das gilt aber nicht nur für Gebäude: In den Bibliotheken, Museen und Archiven von Hochschulen, Kommunen, Kirchen und Stiftungen lagern Bücher und andere schriftliche Zeugnisse, die für die Erschließung und das Verständnis unserer Geschichte unverzichtbar sind und erhalten bleiben müssen. Sie sind gefährdet und in manchen Fällen akut bedroht. Das jetzt vorgelegte Konzept ist ein wichtiger erster Schritt, um diesen Teil unseres kulturellen Erbes zu sichern, vor weiteren Schäden zu schützen, für Forschungen besser zu erschließen und für die Nachwelt zu erhalten.“

Gefahren für die historischen Bücher und Akten gehen von „Säurefraß“ durch säurehaltiges Papier, „Tintenfraß“ durch eisensulfathaltige Tinte und ungeeigneten Lagerbedingungen aus. Auch Hochwasser bedroht einige Archive. Das Konzept der Landesregierung beziffert den Archivbestand in Sachsen-Anhalt auf mehr als 200 laufende Kilometer Akten und den Bestand der Bibliotheken auf nahezu achteinhalb Millionen Bände. Ein Drittel der Akten und zwei Millionen Bücher werden als „behandlungsbedürftig“ eingeschätzt.

Das Regierungskonzept sieht unter anderem vor, mit einem eigenen Landesprogramm vorbeugende und substanzerhaltende Maßnahmen zu fördern. Für fünf Jahre soll eine Landesberatungsstelle eingerichtet werden, die die betroffenen Einrichtungen über die geeigenten Sicherungsmethoden – Entsäuerung, Entmetallisierung, Trocknung, bessere Lagerbedingung – fachlich informiert.

Ein weiteres Landesprogramm soll die Digitalisierung von schriftlichem Kulturgut fördern. Ebenfalls für fünf Jahre soll dafür ein Kompetenzzentrum an der Landes- und Universitätsbibliothek eingerichtet werden. Katja Pähle: „Die Digitalisierung der Bestände ist nicht nur eine große Erleichterung für die Nutzerinnen und Nutzer, sie hat auch eine wichtige Schutzfunktion für die Originalbestände, weil nicht mehr jede Nutzerin und jeder Nutzer eine Akte selber in die Hand nehmen muss – jede Berührung ist Stress für Papier und Einband. Digitalisierung ist aber auch kein Zaubermittel: Auch Datenbestände müssen vor Verlust und vor Unlesbarkeit geschützt werden. In keinem Fall darf Digitalisierung als Ersatz für den Erhalt von Originalbänden und -akten herhalten. Schriftliches Kulturgut muss auf Papier bewahrt werden.“

Pähle, die auch wissenschaftspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist, sicherte Unterstützung im Landtag für die Finanzierung der Landesprogramme und für die Einwerbung von Bundesmitteln zu. Die Kosten für das Land werden auf 500.000 Euro im Jahr 2019 geschätzt; sie sollen auf künftig rund zwei Millionen Euro jährlich ansteigen.