Der Landtag von Sachsen-Anhalt diskutiert am heutigen Freitag auf Antrag der Linksfraktion über den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit für alle Religionen und Weltanschauungen. In der Debatte begrüßte die Vorsitzende und religionspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Katja Pähle, dass die Integrationsbeauftragte der Landesregierung in ihrem Zuständigkeitsbereich seit langem den Dialog organisiere: „Prävention und Integration kann nur gemeinsam mit den islamischen Gemeinden geleistet werden, nicht gegen sie.“ Pähle verwies darauf, dass im kommenden Monat das vom Bildungsministerium in Auftrag gegebene Gutachten über die Möglichkeit von jüdischem und muslimischem Religionsunterricht vorliegen solle – „ganz im Sinne unseres Koalitionsvertrages.“
Die Rede im Wortlaut:
Es ist schon merkwürdig: Einerseits ist alles, was die Linksfraktion in ihrem Antrag aufgeschrieben hat, völlig selbstverständlich. Andererseits ist gerade diese Debatte über Religionsfreiheit und Religionspolitik ganz offenkundig notwendig.
Denn ein friedliches Miteinander von Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Weltanschauung ist erkennbar nicht immer und nicht überall selbstverständlich. Das hat viel mit fehlenden Kenntnissen übereinander zu tun, aber nicht nur. In vielen Fällen geht es um eine verfestigte Feindseligkeit, die für unsere Gesellschaft gefährlich ist: Das gilt für den Antisemitismus, gleichgültig in welcher Form; das gilt für Islamfeindlichkeit; und das gilt natürlich für die vom politischen Islamismus ausgehenden Gefahren. Die Zahl der Angriffe auf jüdische ebenso wie auf muslimische Bürgerinnen und Bürger spricht da leider eine allzu deutliche Sprache.
Wir haben deshalb allen Anlass, darüber nachzudenken, was der weltanschaulich neutrale Staat gleichwohl in den Dialog mit allen Religionen gleichermaßen einbringen und wie er zum friedlichen Zusammenleben der Religionen beitragen kann.
Die religiöse Vielfalt gehört zu Deutschland. Sie gehört – in viel geringerem Maße, aber zunehmend – auch zu Sachsen-Anhalt. Deshalb haben es auch der Staat und seine Repräsentanten mit einer größeren Vielzahl von Ansprechpartnern zu tun. Das gilt übrigens – angesichts der Entwicklung freikirchlicher Gemeinden und der Zuwanderung orthodoxer und anderer Christen – auch auf christlicher Seite.
Mittlerweile gibt es in acht Städten Sachsen-Anhalts muslimische Gemeinden. Die Gemeinden sind nicht nur die Zentren des muslimischen religiösen Lebens. Sie sind auch oft der erste Anlaufpunkt für Zuwanderer und Flüchtlinge vor Ort, und deshalb sind sie für Behörden und Zivilgesellschaft auch wichtige Partner in der Integration – und bei der Prävention religiös und politisch motivierter Gewalt. Erst gestern hat die Integrationsbeauftragte der Landesregierung in Magdeburg eine weitere Beratungsstelle eröffnet, die religiöser Radikalisierung vorbeugen soll. Denn Prävention und Integration kann nur gemeinsam mit den islamischen Gemeinden geleistet werden, nicht gegen sie.
Wir begrüßen deshalb nachdrücklich, dass die Integrationsbeauftragte in ihrem Zuständigkeitsbereich seit langem den Dialog sucht und organisiert.
Und da wir schon bei Selbstverständlichkeiten sind: Wenn sie bei Begegnungen im Gebetsraum einer Moschee aus Respekt einen Schal über den Kopf legt, dann ist das nicht nur sehr gut nachvollziehbar, es ist vor allem auch: ihre eigene Entscheidung. Und dieses Verhalten in einem Gotteshaus hat nichts damit zu tun, dass Frauen in manchen islamisch geprägten Ländern gegen ihren Willen gezwungen werden, sich in der Öffentlichkeit zu verhüllen.
Das Bildungsministerium als das für Religionsfragen zuständige Ressort hat besondere Verantwortung dafür, das Verständnis für die Vielfalt der Religionen zu stärken. Deshalb begrüße ich es, dass das Ministerium – ganz im Sinne der im Koalitionsvertrag vereinbarten Prüfung – ein Gutachten zur Möglichkeit der Einführung von jüdischem und muslimischem Religionsunterricht in Auftrag gegeben hat, das nächsten Monat vorliegen soll. Das ist keineswegs ein exotisches Projekt. Muslimischen Schulunterricht gibt es bereits in Ländern wie Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, teils im Modellversuch, teils als Regelunterricht.
Zum Abschluss kann und will ich Ihnen ein Zitat nicht ersparen: „Wenn die erste Bombe geworfen wird, werden alle Söhne und Töchter des Libanon und Syriens losziehen, um Märtyrer zu werden. Ich wende mich an die Europäer und Amerikaner: Wir haben Selbstmordattentäter, die in Euren Ländern bereitstehen, wenn ihr Syrien oder den Libanon bombardiert.“
Die Aussage stammt vom ranghöchsten syrischen Geistlichen, den AfD-Abgeordnete – auch aus Sachsen-Anhalt! – in dieser Woche in Damaskus besucht haben und von dem sie auf Twitter liebedienerisch und in falschem Deutsch schwärmen: „Treffen mit dem Großmufti, Ihre Exzellenz Dr. Ahmad Badr al-Din Hassoun.“
Die meisten von Ihnen kennen dieses Zitat natürlich, aber ich muss es hier noch einmal anführen, um den Herren der AfD etwas ganz deutlich zu sagen: Erzählen Sie uns nochmal was über „Unterwerfung“!