Debatte um "Kita-Koffer"
23. August 2016

Kolb-Janssen: Lebenswirklichkeit von Kindern darf und soll in der Kita vorkommen

„Diskriminierung in der Gesellschaft zurückzudrängen, sollte ein gemeinsames Anliegen aller Parteien sein. Was jetzt von rechtsaußen als Kritik am ‚Kita-Koffer‘ kommt, ist das genaue Gegenteil: Menschenfeindlichkeit wird weiter geschürt.“ Das sagt Angela Kolb-Janssen, gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, zu den jüngsten Äußerungen aus der AfD-Fraktion.

Im Zusammenhang mit dem Aktionsprogramm für die Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, Transsexuellen und intergeschlechtlichen Menschen werde immer wieder von „Frühsexualisierung“ von Kindern gesprochen. Kolb-Janssen: „Das ist sachlich schlicht und ergreifend falsch und sollte als das behandelt werden, was es ist: ein politischer Kampfbegriff. Es geht darum, dass unterschiedliche sexuelle Orientierungen und Identitäten unterschiedliche Lebensgemeinschaften und vielfältige Familienformen hervorbringen. Diese Lebenswirklichkeit von Kindern darf und soll auch in der Kita thematisiert werden. Wenn in Kita und Schule die ‚traditionelle‘ Familie vorkommt, geht es ja schließlich auch nicht um den elterlichen Geschlechtsverkehr.“

Das vermeintliche Familienideal von „Vater, Mutter, Kind“ sei ein Lebensmodell, das nicht von allen Menschen in Sachsen-Anhalt gelebt wird, so die Abgeordnete: „Kinder bemerken das und stellen Fragen. Der ‚Kita-Koffer‘ hilft, kindgerechte Antworten zu geben. Menschen kommen vorurteilsfrei und tolerant auf die Welt, das weiß jeder, der Kinder hat oder kennt. Krude Weltbilder entstehen erst nach und nach, sie werden regelrecht erlernt. Deshalb ist es wichtig, von Anfang an Sorge dafür zu tragen, dass Kinder mit der ganzen Vielfalt menschlichen Zusammenlebens umzugehen lernen.“

Kolb-Janssen kritisiert scharf eine von der AfD-Landtagsfraktion auf Facebook verbreitete Montage, die in diesem Zusammenhang Landesregierung und Mehrheitsfraktionen des Landtags bezichtigt, Pädophilie zu fördern: „Das ist nicht nur eine ungeheuerliche Verunglimpfung des politischen Gegners, sondern setzt in altbewährter Manier Schwule mit Pädophilen gleich. Wer so etwas postet, disqualifiziert sich für jede pädagogische Debatte. Es gilt unter Fachleuten als unumstritten, dass eine altersgerechte und sensible Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität die beste Missbrauchsprävention ist.“

 
Hintergrund:

Das Aktionsprogramm für die Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, Transsexuellen und intergeschlechtlichen Menschen geht auf einen breit getragenen  Landtagsbeschluss zurück. Auch in Sachsen-Anhalt werden noch immer Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert und Opfer von Gewalt. Das verträgt sich nicht mit dem Bild von Sachsen-Anhalt als weltoffenem und tolerantem Bundesland.

Angela Kolb-Janssen (© Susie Knoll)

Angela Kolb-Janssen